19.03.2019, 20:24 Uhr

LEP HR-Kongress zeigt Unmut der Brandenburger

Manchmal können auch Stühle eine Geschichte erzählen. Diese hier handelt von der SPD-geführten Landesregierung, die einem Thema gerade noch vehement die Bedeutung abgesprochen hatte. Allen voran Ministerpräsident Dietmar Woidke war bei der Debatte über den Landesentwicklungsplan Hauptstadtregion (LEP HR) im Landtag der Meinung gewesen, der von CDU-Chef Ingo Senftleben überbrachte Unmut aus ganz Brandenburg könne einfach ignoriert werden. Keine Woche später sitzen all die Bürgermeister, Ortsvorsteher und viele andere Kommunalpolitiker, deren Unmut angeblich nicht existiert, selbst in eben diesem  Plenarsaal und warten auf den Beginn des Kongresses „LEP HR stoppen! Brandenburg wachsen lassen“. Derweil besorgen Abgeordnete und Mitarbeiter der CDU-Landtagsfraktion, die zu diesem Kongress eingeladen hat, aber erst einmal weitere Stühle, denn die roten im Plenarsaal reichen heute Abend nicht. Die Stuhlträger kommen auf dem Rückweg auch am offenen Büro einer hochrangigen Sozialdemokratin vorbei. Und ihre Blicke sagen: Dafür, dass das Thema angeblich so unbedeutend ist, ist drinnen bei uns aber ganz schön was los!

Der LEP HR, den die Landesregierung mit dem rot-rot-grünen Berliner Senat vereinbart hat, ist die grundlegende Zukunftsplanung für Brandenburg. Sie regelt, wo das Land wachsen soll – nämlich vor allem im Hauptstadtspeckgürtel. Dorthin sollen die Investitionen fließen, Geld für den Nahverkehr, Schulen, Krankenhäuser oder den Straßenbau. Professor Dr. Helmut Klüter sagt gleich zu Beginn des Kongresses: „Man darf nicht Teile der Bevölkerung besser versorgen als andere. Doch genau das tut der LEP HR.“ Klüter leitet den Lehr- und Forschungsbereich Regionale Geographie der Universität Greifswald und hat den Plan für die CDU-Fraktion begutachtet. Er hält den LEP HR auch deshalb für verheerend, weil er Brandenburgs „größtes Plus gegenüber Berlin kaputtmacht“: seine Fläche. Denn Berlin ist attraktiv – für die Wirtschaft und Leute aus aller Welt. Nur Platz gibt es in der Stadt nicht genug – dafür aber in Brandenburg. Davon könnte wiederum Berlin profitieren. „Erfolg benötigt Fläche“, sagt der Professor. 


Platz haben sie, die Bürgermeister, die sich an diesem Abend zu Wort melden. Oft genug wächst ihre Stadt sogar, obwohl Bevölkerungsprognosen vor einigen Jahren etwas anderes behauptet hatten. Der SPD-geführten Landesregierung hat man Bedenken gegen den LEP HR oft genug mitgeteilt. Maja Buße, Bürgermeisterin von Mittenwalde, erzählt, ihr Bauamtsleiter habe eine 20-seitige Stellungnahme angefertigt, eine Woche habe er daran gesessen und andere Arbeit liegenlassen. „Eine Resonanz haben wir nicht bekommen.“

Oder Bad Saarow: Die Bodenpreise steigen und sind längst zu hoch für junge Familien. Leisten können sich das vor allem Ältere, und die wiederum suchen Ruhe in Bad Saarow. „Ich will aber keine Ruhe!“, ruft die ehrenamtliche Bürgermeisterin Anke Hirschmann. „Ich will, dass auch die jungen Leute zu uns kommen können.“ 

CDU-Chef Ingo Senftleben hat bereits angekündigt, nach einer erfolgreichen Landtagswahl am 1. September den LEP HR mit Berlin zu kündigen und für Brandenburg auf Augenhöhe neu zu verhandeln. Aus einem Plan, der Wachstum im Land verhindert, soll einer werden, der Wachstum ermöglicht. Senftleben hat den ganzen Abend lang notiert, wo der LEP HR den Bandenburger Kommunalpolitikern und ihren Heimatorten Probleme macht. Am Ende ist die Tafel voller Notizen. Und Senftleben bittet die Gäste, das Thema mit nach Hause zu nehmen und in die Parlamente – ob Gemeindevertretung, Stadtverordnetenversammlung oder Kreistag – eine Resolution einzubringen. Die Resolution fordert die Landesregierung auf, „den Plan nicht in Kraft zu setzen und auf Basis der vielen sinnvollen Vorschläge und Anregungen grundsätzlich neu zu erarbeiten“.


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